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Lena
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Lena wurde am 10.1.1997 kurz vor 23.00 Uhr von dem betrunkenen russischen Staatsbürger Roman J. in Berlin auf ihrem Heimweg durch einen entsetzlichen Autounfall getötet.

Lena  ist wegen der geistlosen Tat eines betrunkenen Täters nur 21 Jahre alt geworden.

Lena war ein besonders fröhlicher, geistreicher, warmherziger und energiegeladener Mensch. Politisch engagiert, kulturell  interessiert, unternehmungslustig, kontaktfreudig, reisebegeistert, lesebesessen und in besonderem Maße neugierig auf alles Fremde.
Sie war mehrfach auf  großen Reisen (Israel, USA, Südamerika) und hatte sich gerade entschlossen, ein Sozialpädagogik-Studium zu beginnen. Sie hatte einen sehr großen Freundeskreis, war dementsprechend oft verabredet und blühte vor allem im Kontakt mit anderen  Menschen auf. Gleichzeitig brauchte sie auch ihre Rückzugsmöglichkeiten. Dann schnappte  sie sich z.B. ein Buch, das sie entweder auf ihren Bett liegend oder auch in einem Cafe sitzend “verschlang”. Konzert-, Kino- und Discobesuche, Malen, “Chillen” mit Freundinnen und Freunden, Filme (besonders gern im Sommer in der Berliner “open air” - Waldbühne) anschauen, auf Feten gehen, Musikhören mit dem entsprechenden Textheft in der Hand, Spaziergänge mit unserem Hund und Geschenke basteln gehörten zu  ihren Lieblingsbeschäftigungen. Kurz vor ihrem Tod gründete sie den Chor
“Cantus Domus” und  organisierte noch die erste Chorfahrt, die sie dann aber nicht mehr miterleben  konnte.
Es war eine große Freude und Bereicherung, mit ihr zusammen zu leben, wenngleich - oder besser gesagt: gerade weil - ihr kritischer Blick auf uns Eltern und ihre  bedingungslose Solidarität mit ihrem jüngeren Bruder Jan uns vor manche Herausforderung stellte.

Lena  hatte eine wunderschöne Zukunft vor sich.

Der  Schmerz, das eigene Kind durch einen solchen sinnlosen Akt eines betrunkenen  Täters zu verlieren, ist kaum auszuhalten. Eine große Verzweiflung, eine starke  Ohnmacht, eine bedrückende Hilflosigkeit und der nicht enden wollende Wunsch,  diese Katastrophe  möge nicht real geschehen sein, sondern sich nach dem nächsten Aufwachen als böser Traum entpuppen, bestimmen seit dem Unfall unser weiteres Leben.
Ungetrübte Lebensfreude, die zu Lenas Lebzeiten - nicht zuletzt wegen ihr - so oft unser Familienleben geprägt hatte, ist zu einer Rarität geworden. Zumeist  liegen der Schmerz und die Trauer über diesen unbeschreibbaren Verlust und die  Wut auf den Täter wie ein Grauschleier oder Nebel über unserem Bemühen, einen halbwegs “normalen” Alltag miteinander zu leben.
Das eigene Kind zu  verlieren ist eine solche grausame Tragödie, ein derart anhaltend quälender  Schmerz, dass es an ein Wunder grenzt, dass wir dem Wunsch nach Selbstjustiz  widerstanden haben.
Trauer mischt sich mit Verzweiflung, Entsetzen mit Hilflosigkeit.
Ein großer Trost für uns ist die Tatsache, dass zwei von Lenas Freundinnen, Birgit und Corinna, seit Lenas Tod in engem Kontakt mit uns geblieben und sehr schnell zu unseren Freundinnen geworden sind. 

Die  niederländische Schriftstellerin Connie Palmen beschreibt in ihrem Buch: “IM” ihren Gefühlszustand nach dem Tod ihres Mannes Ischa sehr einfühlsam. Ich möchte eine kurze Passage zitieren, weil sie einen zentralen Aspekt des Verlustes eines geliebten Menschen anspricht:
“Von der Stunde seines (ihres) Todes an weiß ich etwas über den Rest meines Lebens, das mir sogar den nächsten Bruchteil einer Sekunde verleidet. Es ist dieses verbotene Wissen, dieses Wissen über die Zukunft, das dafür sorgt, daß mir das Leben unmöglich  erscheint. Die Zukunft hat ungewiß zu sein, und das ist sie nicht mehr. Von  jedem kommenden Tag meines Daseins weiß ich, daß es ein Tag ohne Ischa (Lena) sein wird und ein Tag mit dem Schmerz über seinen (ihren) Tod.